Der Embed-Trick: MySpace schaltet ungefragt Werbung auf fremden Seiten

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Rupert Murdoch mag Ahnung vom Nachrichtengeschäft haben – Social Media bleibt für ihn aber wohl immer ein Buch mit sieben Siegeln. Seit rund zwei Jahren dümpelt sein Netzwerk MySpace vor sich hin, Mitglieder und Künstler ziehen in Scharen von der Plattform ab – Facebook ist das neue Ding. Für das quersubventioniertes Liebhaberprojekt gönnte sich die Mutter News Corp erst im Spätsommer 2009 das Gedankenspiel, aus MySpace künftig ein Entertainment-Portal zu machen: Musik-Labels und Filmstudios sollen dann die Gelegenheit, sich auf breiterer Basis aufzustellen, wobei die Mitglieder früher oder später zu interagierenden Zuschauen degradiert werden.

Kurze Zeit nach dieser Ankündigung kaufte MySpace den Musik-Dienst iLike für 20 Millionen US-Dollar. Anfang Dezember schlug Murdoch dann bei Imeem zu – ebenfalls ein Streaming-Angebot für soziale Musikerfahrung. MySpace zahlte eine Million Dollar dafür, der eigentliche Wert wird auf rund acht Millionen geschätzt, doch die noch ausstehenden finanziellen Verpflichtungen des Unternehmens waren eine teure Mitgift. Wie bei iLike facktelte News Corp nicht lange mit der Integration der neuen Tochter, wobei unter anderem die Hälfte der Belegschaft auf der Strecke blieb. Dass bei der Übernahme zudem die Dritt-Entwickler ihre Schnittstelle und die Imeem-Mitglieder ihre gesamten Playlisten verloren, störte MySpace nur wenig.

Nutzer (zumindest in den Staaten) haben bei Imeen die Möglichkeit, kostenlos werbefinanzierte Musik und Clips im Stream-Verfahren auf der Plattform abzurufen. Alternativ lassen sich die Songs auch per Embed-Widget auf Blogs und Websites einbetten – wovon auch reichlich Gebrauch gemacht wurde. Und zwar nicht nur im privaten Rahmen, sondern vor allem auch bei Musik- und Nachrichtenportalen.

Doch seit dem 31. Dezember 2009 ist nun Schluss damit: MySpace ist plötzlich dazu übergegangen, die Embed-Widgets auf allen Seiten durch Werbung zu ersetzen (s. Screenshot oben). Anstatt der eingebetteten Alben erscheint an diesen Stellen nun Werbung für Klingeltöne und den MySpace-Musikdienst (“Create a playlist on MySpace Music, it’s free.”). Laut Wired werden die Flash-Anzeigen direkt von MySpace gehostet. Dass sich ein unbefugter Dritter hier eingeschlichen hat, ist also unmöglich. Dass wiederum die Display-Ads nicht sensitiv sind, regt allerdings schon zum Nachdenken an.

Ob absichtlich oder unabsichtlich, MySpace ist damit ein gigantischer Marketing-Coup gelungen. Man stelle sich vor, YouTube würde von heute auf morgen alle eigebetteten Videos im Internet durch Werbung austauschen! Besonders sauer dürften im Imeem-Fall allerdings die Künstler sein: Tausende unabhängige Musiker verdienen mit dem Streaming-Dienst ihren Lebensunterhalt.