Sind Frauen die besseren Social Medians?

Bitte scrollen

Die Behauptung hält sich hartnäckig seit Anbeginn des menschlichen Zusammenlebens: Frauen können gut reden, Männer gut reparieren. Das Artikulationsvermögen des Mannes sei auf dem Niveau eines simplen Knurrens stagniert – so die Annahme – und die wenigen Laute, die er heute ausstößt, dienten seinerzeit lediglich der Koordination auf der gemeinsamen Mammutjagd. Die Frau wiederum, betraut mit den erzieherischen Aufgaben am heimischen Kaminfeuer, ist auf die Sprache angewiesen, da sich nur so Werte und Kultur an nachfolgende Generationen vermitteln lassen. Ist das Quatsch? Ja, das ist es. Eine Studie der Universität Texas hatte bereits im Sommer 2007 bewiesen, dass beide Geschlechter im Alltag gleich viel reden: im Durchschnitt geben sowohl Männer als auch Frauen nämlich rund 16.000 Wörter pro Tag von sich.

Dennoch gibt es einen Unterschied. Und dieser betrifft mitnichten die Quantität der täglichen Äußerungen, wohl aber die Qualität – was der Leser nicht als Wertung auffassen sollte. Vielmehr zielt dieses Merkmal auf die soziale Kontaktfähigkeit ab, die vor allem beim weiblichen Geschlecht deutlich stärker ausgeprägt ist: Einfühlungsvermögen, Nachsicht, Empathie – dies alles sind Eigenschaften, die sich auch im Kommunikationsverhalten der Frau niederschlagen.

Empirischen Studien zu diesem Thema lassen sich im großen Rahmen nur schwer auf konventionellem Wege anstellen, weshalb es fast schon an ein Wunder grenzt, dass erst jetzt Social Networks als Petrischale tatsächlich einmal gründlich ins Augen gefasst wurden. ComScore hat eine Studie unter dem Namen „Wie Frauen das Netz verändern“ (PDF der Studie) veröffentlicht, die genau dieser Fragestellung nachgeht. Und da es in diesem Gebiet nicht nur um kulturelle Erkenntnisse, sondern vor allem um viel Geld geht, ist die Untersuchung dementsprechend groß ausgefallen. Das Fazit: Frauen besuchen Soziale Netzwerken nicht nur häufiger, sondern verbringen dort auch mehr Zeit als Männer – Tendenz stark ansteigend.

Im Schnitt besuchten im Mai weltweit 75,8 Prozent aller Frauen mit Internetanschluss ein Social Network, bei den Männern waren es lediglich 69,7 Prozent. Mehr als 56,6 Prozent der Zeit, die Nutzer bei Facebook, Twitter und anderen Netzwerken verbringen, geht auf das Konto der Damen. Die Männer kommen auf 43,4 Prozent der Gesamtzeit. In absoluten Zahlen ausgedrückt heißt das: Weibliche User verbrachten im Mai 5,3 Stunden im Social Web, die Männer gerade einmal knapp vier Stunden. Vielleicht sollte man auch erwähnen, dass Frauen trotz des hohen Engagements zwar noch in der Minderheit sind (sie stellen lediglich 48 Prozent aller Internetnutzer), dafür es aber auch kräftig in der Kasse klingeln lassen. Ein Beispiel: Wenn US-Frauen im Netz unterwegs sind, sind sie im Schnitt für 58 Prozent aller Dollar verantwortlich, die online ausgegeben werden.

Laut ComScore wirkt das Social Web auf viele Frauen wie ein Magnet. Das betrifft auch ältere Nutzerinnen ab 55 Jahren, die schon kurze Zeit nach ihrer Anmeldung in einem sozialen Netzwerk dort beinahe soviel Zeit verbringen, wie ihre jüngeren Geschlechtsgenossinen. Sharing und Kommunikation sind der Hauptantrieb, laut Untersuchung steht vor allem der gemeinsame Austausch von Bildern im Vordergrund.

Interessante Unterschiede finden sich auf bei Twitter, wo Frauen heute zahlenmäßig stärker als Männer vertreten sind. Anders als bei den Kerlen werden Twitter-Profile von weiblichen Usern in erster Linie dazu genutzt, um online direkte Konversation zu betreiben, Stars zu folgen oder die Schnäppchen-Tweets von Händlern zu sondieren:

Nun aber zurück zur Eingangsfrage: Sind Frauen die besseren Social Medians? Wenn wir alleine von den nackten Zahlen (diesen Kalauer bitte ich zu entschuldigen) ausgehen, lässt sich diese Annahme bereits ohne größere Umschweife bejahen: Frauen verbringen 16,3 Prozent ihrer gesamten Online-Zeit in Social Networks (Männer: 11,7 Prozent), auch beim Instant Messaging (11,3 zu 10,4 Prozent) und beim Mailen (7,7 zu 6,8 Prozent) sind sie Spitze. Die Ergebnisse der Untersuchung richten sich demnach in erster Linie mahnend an drei Teilnehmer im Social Web, die sich nun im Folgenden einige Gratis-Ratschläge von mir abholen können.

1. Netzwerkbetreiber

Sie täten gut daran, ihr Netzwerk auf die natürlichen Bedürfnisse weiblicher Kommunikation stärker auszurichten. Das Ende der Fahrenstange ist hier noch lange nicht erreicht, denn trotz des allgemeinen hohen Engagements gibt es noch viele Frauen, die noch von den Vorteilen einer Netzwerkmitgliedschaft überzeugt werden müssen. Senkt die Anmeldehürden, fördert den Austausch und verliert euch nicht in Spielereien.

2. Werber und Händler

Anbetracht der Tatsache, das Frauen gerne (nicht öfter) reden und häufiger im Netz einkaufen, wäre es ratsam, diese Killerkombi bei der Vermarktungsstrategie auch sinnvoll zu nutzen: Social Shopping wären hier ebenso wie Virtual Goods passende Schlagwörter. Viralkampagnen sollten nicht nur das Produkt, sondern auch den Prozess der Weitergabe in den Mittelpunkt rücken. Wenn die Studie global zutreffend ist, sind es vor allem die Frauen, die für die Mund-zu-Mund-Propaganda im Netz zuständig sind. Dieser Gender-Ansatz sollte bei der Kampagnenentwicklung berücksichtigt werden.

3. Männer

Gebt auf, ihr habt verloren! 🙂

(Bild: Liquene / Flickr)

[flattr /]

3 Kommentar

  1. Hey,

    sehr schöner Beitrag – auch wenn nicht alles als neue Erkenntnisse zu werten sind. 😉
    Ich denke, dass Werber und Händler sich der weiblichen Übermacht im Netz durchaus bewusst sind. Vor allem große Konzerne richten sich schon auf das Online-Shopping ein! Angefangen bei H&M, Zalando etc. und ganz geschweige von Ebay – die virtuellen Markthallen werden schon längst von den Frauen genutzt und real verbreitet… 🙂

    Grüße!

Kommentare sind geschlossen.