Apples Plan ging auf: HTML5-Videos haben die Flash-Clips überrannt

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Auf der Telefonkonferenz im Zuge der Vorstellung der jüngsten Quartalszahlen wurde Steve Jobs von einem Journalist gefragt, wie er heute zu „Flash“ stehe. „Flash?“, fragte der Apple-Chef genervt zurück. „Wir lieben Flash-Speicher!“ Unheimliche Stille am anderen Ende der Leitung – niemand wollte Jobs‘ Adobe-Antipathie weiter als nötig reizen.

Für Apple ist der Streit mit Adobe gelaufen. Die Fronten sind und bleiben verhärtet: Den mobilen Nutzern bleibt der Flash-Player verwehrt, Mac-Besitzer bekommen keine vorinstallierte Version mehr vorgesetzt und die Entwickler dürfen nicht auf das Developer-Kit von Adobe zurückgreifen – andernfalls bleibt die Tür des App Store verschlossen. Und Silverlight? Microsofts Rich Media-Plugin spielt – trotz massiver Marketingmaßnahmen – heute kaum noch eine Rolle.

Website-Betreiber kommen also nicht umhin, entsprechend umzurüsten, immerhin erwarten sie Besucher aus jedem Lager, ob mobil, stationär, ob PC oder Mac. Als universelle Lösung wurde schon früh HTML5 lanciert, das dank interpretierbarer Multimedia-Tags direkt im Browser funktioniert – ohne Plugin und damit auch ohne größere Sicherheitsbedenken. Steve Jobs hat das Web bereits offiziell in die „Guten“ und die „Bösen“ geteilt, so wie Moses einst das Meer teilte. Wer seine Website auf HTML5, CSS3 und JavaScript basieren lässt, ist ein Freund. Alle anderen sollen sich verpissen – oder zumindest lernen, sich der neuen Apple-Welt anzupassen.

Es hat einige Zeit gedauert, doch der Plan ging auf. Wie eine neue Studie zeigt, haben HTML5-Videos im Oktober erstmals Flash-Clips in Netz überholt: rund 54 Prozent aller Videos im Netz kommen heute ohne Plugin aus – doppelt so viele, wie es noch vor fünf Monaten waren. Der Grund für die steigende Penetration von HTML5 liegt an der sich ausweitenden Verfügbarkeit der mobilen Endgeräte. Desktop-Nutzer präferieren nach wie vor ihren Flash-Player.

Um wirklich alle Nutzer zufrieden zu stellen, gehen Publisher häufig auf Nummer sicher und embedden ihre Videos per iframe, anstatt wie bisher mit dem Object-Tag: nach der Browser-Identifizierung wird dann automatisch entschieden, ob Flash oder HTML5 zum Einsatz kommt. Vimeo, DailyMotion, YouTube und bald auch Blip.tv (übrigens eine nette CEO-Dame haben die Jungs dort) setzen bereits auf iframe-Einbettungen.

Also, Ende gut – alles gut? Nein. Apple hat Flash in die Knie gezwungen. Natürlich braucht Adobe heute noch nicht um die eigene Existenz zu bangen, jedoch gibt es auch dort ein zerknirschtes Umdenken und folglich erste Spielereien mit HTML5. Doch es bleibt ein weiteres Problem: Der Flash-Player wurde von Steve Jobs als „proprietär“ zurückgewiesen. Die meisten der nun gefundenen HTML5-Videos setzen aber auf den Video-Codec H.264. Der Codec ist patentrechtlich geschützt, wer immer ihn verwenden möchte, kommt also derzeit an Lizenzabgaben nicht vorbei. Als Folge geht jeder Browser-Entwickler andere Wege: Safari und der Internet Explorer 9 setzen auf H.264. Der OpenSource-Brower Firefox setzt hingegen auf den kostenlosesen Theora-Codec (von Ogg Vorbis), der jedoch deutliche Schwächen in der Praxis zeigt. Und Chrome? Google hat sich dazu entschlossen, beide Codecs zu unterstützen. Nach der Flash-Era erwartet und also erst einmal noch ein kleiner Codec-Krieg…