Neue Studie zu Open Access: Gebt endlich das Wissen frei!

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Vielleicht sind die drängenden Probleme der Menschheit bereits gelöst. Vielleicht wurde die Weltformel gefunden. Wer weiß das schon? Wir jedenfalls nicht. Denn Forschung ist im 21. Jahrhundert ein emsiger Bienenstock, im Inneren zerstückelt durch abertausende Waben, jede einzelne gegenüber der anderen hermetisch abgeriegelt. Wissenschaftliche Ergebnisse werden einander vorenthalten – egal, woher sie stammen, wie wichtig sie sind oder wer sie subventioniert hat. Der Schlachtruf „Open Access“ (OA) geistert zwar seit Jahren als Symbol eines bevorstehenden Befreiungsschlags durch die Universitäten – er ist allerdings, das muss man sagen, nach wie vor eher ein Schlachtruf als eine Handlungsmaxime.

Open Access bedeutet in der Praxis, öffentlich geförderte Forschung frei und digital für jedermann zugänglich zu machen – ein krasses Gegenprogramm zur bislang wie selbstverständlich anhaltenden Privatisierung des Wissens: „Wenn du meine Ergebnisse verwenden willst, zahle dafür. Kaufe das Buch, erwerbe die Zeitschrift, hol dir den kostenpflichtigen Abo-Zugang zur Datenbank.“ Dieses System ist hausgemacht und bildet den größten Knüppel, den sich Wissenschaftler immer wieder selbst zwischen die Beine werfen. Open Access reißt diese Barrieren nieder, immerhin ist die Frage berechtigt, ob die Gesellschaft tatsächlich zusehen muss, wie die durch ihre Steuergelder finanzierten Ergebnisse erst an Privatverlage verkauft und dann teuer zurückgekauft werden müssen.

Naturgemäß ist diese Durchlässigkeit nicht jedem genehm, vor allem jenen Forschern, die Publikationen veräußern, um sich ein solides zweites Standbein zu schaffen. Deshalb sind einige Institutionen bereits dazu übergegangen, ihre Wissenschaftler einfach zu Open Access zu verdonnern (mit dabei unter anderem die Europäische Organisation für Kernforschung – CERN.) Wer ein Budget haben will, muss auch später die Hosen runterlassen – für jeden Konsumenten eine recht einleuchtende Rechnung. Britische und kanadische Forscher haben nun gemeinsam eine neue Studie veröffentlicht, in der die ersten Erfahrungen mit obligatorischem Open Access aufgezeigt werden. Die zentrale Frage dabei lautete: Wird die Forschungsarbeit eher genutzt und zitiert, weil sie per Open Access zugänglich gemacht worden ist? Oder wird sie unter OA-Bedingungen publiziert, damit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sie verwendet und zitiert wird?“

Verglichen wurden also die Zitierhäufigkeiten von privatisiertem und OA-Content. Das Ergebnis:

OA-Artikel wurden deutlich häufiger als nicht zum Open Access freigegebene Artikel zitiert, auch wenn noch andere Variablen in Betracht gezogen wurden. Überdies ist der OA-Vorteil für Artikel, die zum Open Access freigegeben werden mussten, da es die Institutionen der Autoren verlangten, ebenso groß wie für Artikel, bei denen die Autoren sich freiwillig für OA entschieden hatten.

„Auf einem Spielfeld, auf dem durch OA faire Bedingungen für alle herrschen, kann der Nutzer wahlweise auf die Artikel zugreifen, diese nutzen und zitieren, die er als von höchster Relevanz und Qualität ansieht. Die Zugänglichkeit stellt somit keine Einschränkung mehr dar“, heißt es im Fazit der Forscher. „Wir hoffen, dass diese Demonstration der Auswirkung des Open Access als realen und kausalen Vorteil weitere Anreize und Impulse für die weltweite Übernahme von OA-Verpflichtungen schaffen wird, um sicherzustellen, dass Forschung endlich ihr volles Wirkungspotenzial entfalten kann und nicht mehr auf die heutigen überflüssigen Grenzen stoßen muss, die den Zugang auf bestimmte Nutzer einschränkt.“

Es geht nicht nur darum, dass der BWL-Student aus Tübingen nicht erst eine umständliche Fernleihe in Mannheim beantragen muss, für ein Buch, das sich die dortige Uni-Bibliothek sauer erspart hat. Es geht darum, dass Wissenschaft endlich frei werden sollte. Die Pay-Wall vernebelt den Blick, viele Studien werden mit großem finanziellen Aufwand mehrfach angefertigt (ja, auch Tierversuche), obwohl die Ergebnisse längst bekannt sind. Die bisherige Distribution von Wissen ist ein Hindernis, das nicht nur teuer ist, sondern die gesamten Forschungsprozesse auch gefährlich zeitlich verzögert. Die Wissenschaftler: „Wenn wir endlich damit beginnen wollen, einige der derzeit unseren Planeten betreffenden wirklich drängenden Probleme zu lösen, müssen wir auch auf sämtliche Forschungsresultate vieler verschiedener Disziplinen sowie aller Forschungseinrichtungen dieser Welt zurückgreifen können.“ Und wie wir spätestens seit heute wissen, ist Open Access zudem perfekt dazu geeignet, der eigenen Reputation einen Boost in der Forschungs-Community zu geben. Das nur als kleiner Hinweis für die Kenne-ich-nicht-will-ich-nicht-Wissenschaftler.

Via: @textundblog

2 Kommentar

  1. wie sagt meine Dozentin so gern!?: Wissen ist die einzige Ressource die durch Teilung vergrößert wird – also teilt es!!

    … so passend, so passend …

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