So sieht das neue Blog der Deutschen Telekom aus / Interview

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„Was, schon wieder?“ – „Ja, schon wieder.“ Ich habe mich auch zunächst gewundert, als ich erfuhr, dass die Deutsche Telekom ein weiteres Blog aus dem Hut zaubern will. Das Unternehmen ist heute mit mehreren Fachblogs am Start – bereits ein reichlich bunter Content-Strauß, der ein wenig die orientierungsstiftende Mitte vermissen lässt. Doch genau aus diesem Grund hat man sich nun dazu entschlossen, ein zentrales Corporate-Blog auf die Beine zu stellen, das alle Social Media-Aktivitäten des Konzerns bündeln soll. Die derzeitige Adresse lautet: http://blogs.telekom.com

Der Startschuss für Blog.Telekom soll am Montag pünktlich zur CeBit gegeben werden, ich habe allerdings schon einmal Gelegenheit bekommen, einen ausführlichen Blick auf die Seite zu werfen und wollte ein paar Eindrücke mitteilen.

Das Design

Zunächst fällt das stripped-down, dreispaltige Layout ins Auge, das ein völliges Kontrastprogramm zum bekannten Blog Die-neue-Telekom.com bildet. Der Vorgänger war ein Übergangsprojekt, das den Konzern-Umbau begleiten sollte, und gleichzeitig ein Flash-Monster, dessen Designanspruch hin und wieder auf Kosten der Usability und Lesbarkeit ging (mehr darüber hatte ich auf Basic Thinking geschrieben). Die-neue-Telekom.com soll im Übrigen zunächst abgelöst und dann aufgelöst werden, wobei der Content dann auf die Telekom.com-Seite wandert, sobald auch dort der Relaunch vollzogen ist.

Das neue Blog besticht also durch seinen Telekom-esken Minimalismus, fast alle Features, die nichts mit dem direkten Content zu tun haben, wurden in winzigen Klapp-Menüs versteckt (Kommentare, Social Sharing, meistgelesene Posts etc.). Selbst die ein wenig zu klein geratene Arial-Schrift macht den Eindruck, als habe sie etwas zu verheimlichen und die Teaser-Fotos der Posts sind mit gerade einmal 230 Pixel in der Breite nur etwas für echte Adleraugen. Das obige Header-Bild, das zwischen frischem Neo-Grunge und Paintbrush pendelt, wird übrigens nach Zufallsreihenfolge eingeblendet. Ich habe zweimal im Quelltext nachgesehen: Blog.Telekom basiert tatsächlich auf WordPress (der Name des Themes lautet „telekomblog_2“), leider wird die Palette der Möglichkeiten, die diese Plattform bietet, in dieser Realisierung kaum ausgereizt.

Der Inhalt

Da es sich um ein Blog in der Testphase handelt, sollte man an den Content keinen harten Maßstab anlegen. Bislang wurde von den beiden Autoren viel über den Mobile World Congress in Barcelona berichtet, wie mir versichert wurde, wird die Perspektive aber schon bald breiter aufgestellt sein. Der Ton ist locker-freundlich, die Unterhaltungen in den Kommentaren wirken mehr als ungezwungen und sympathisch.

Für die Telekom könnte es ein schwere Aufgabe werden, die freundschaftliche Atmosphäre zu halten. Das Problem: Sobald das Unternehmen die Bühne betritt, stürmen erfahrungsgemäß Hundertschaften von entnervten Kunden die Plattformen und fluten die Kommentare mit Support-Anfragen und Schmählichkeiten. Daher merkt der Leser hier schon, dass man bemüht ist, die Diskussion gleich von Anfang an auf produktive Bahnen zu lenken und den Austausch auf die vorgegebenen Inhalte zu beschränken.

Vorsorglich wird dieser Haltung auch noch einmal explizit Nachdruck verliehen: „Ach ja, und was wir hier nicht wollen: Kundenservice leisten. Das können andere im Unternehmen nämlich besser“, heißt es in der Blog-Beschreibung. Dazu gibt es gleich einen ganzen Katalog an „Kommentar-Richtlinien“, aus denen ersichtlich wird, was geduldet wird und was nicht:

Wir schreiben in diesem Blog als Mitarbeiter der Deutschen Telekom über das Unternehmen, seine Produkte und die Menschen, die dahinter stehen. Und wir teilen hier mit Ihnen unsere Eindrücke und Erlebnisse. Umso mehr freuen wir uns über Ihre Kommentare, denn erst die Unterhaltung mit Ihnen macht das Blogging so richtig interessant. Unsere Kommentarrichtlinien dienen als Leitfaden für alle Beteiligten, um sicherzustellen, dass alle sachlich und fair miteinander kommunizieren und kein Beitrag gelöscht werden muss. Wir bitten deshalb darauf zu achten, dass sich Ihre Kommentare auf den Beitrag beziehen und nicht vom Thema abweichen. Ihre E-Mail-Adresse wird zwar beim Kommentieren abgefragt und im Zusammenhang mit Ihrem Kommentar gespeichert, aber nicht veröffentlicht. Ein Anspruch auf die Veröffentlichung Ihres Kommentars besteht nicht.

Grundsätzlich fällt noch auf, dass der Content jeweils stark von der eigenen Perspektive ausgeht. Nur selten wagt man sich bislang an Verlinkungen auf externe Seiten und hier vor allem an andere Blogs heran (übrigens: viele der Links sind mit dem Keyword „hier“ verbunden – was jeden SEO-Menschen auf die Palme treiben dürfte). Polarisierende Diskussionen sind so noch nicht möglich. Positiv fällt auf, dass nicht versäumt wurde, die Autoren im Einzelnen vorzustellen. Und zwar nicht nur, was ihre Funktion im Konzern anbelangt, sondern auch, wo ihre privaten Interessen liegen. Das macht die Ansprache als kommentierender Leser leichter und gibt dem Blog letztlich ein Gesicht.

Das Look and Feel

Alles in allem eine saubere Angelegenheit – vielleicht sogar ein wenig zu sauber. Mit der Zeit sei der Telekom geraten, das puristische Image abzulegen, da es früher oder später inhaltlich auch nicht zu halten ist. Bloggen ist ein persönliches Geschäft, das sich – wenn es erfolgreich betrieben werden soll – nur selten in das Korsett einer Corporate Identity zwängen lässt. Wenn die Telekom ihren Mitarbeitern genügend Freiräume lässt und diese den inhaltlichen Spagat zwischen jovialer Natürlichkeit und dem unternehmerischen Anspruch hinbekommen, könnte das neue Projekt also durchaus Früchte tragen.

Wo wir gerade davon sprechen: Lassen wir doch Telekom-Blogger Andreas Kadelke zu Wort kommen. Er war so freundlich, mir ein paar Antworten zu geben.


Hallo Andreas. Ein neues Blog für die Telekom: Was steckt dahinter?

Wir sind ein großer Konzern und machen das, was große Konzerne so tun: Wir veröffentlichen Mitteilungen, Reden und Berichte, aber das geht sicherlich auch an vielen da draußen vorbei. Wir wollen die Telekom mal anderes zeigen, so wie wir sie auch unserem Bekannten um die Ecke erklären würden – mit ein wenig Distanz, aber als Telekomer und mit Blick hinter den Vorhang. Dazu kommt, dass wir über Twitter und Facebook oft Fragen und Reaktionen bekommen, bei denen wir gerne mal die Zusammenhänge zeigen würden und mit den Leuten darüber reden wollen. Kommentare sind also willkommen.

Habt ihr eine strategische Ausrichtung, was den Inhalt des Blogs angeht?

Wir wollen im Blog zeigen, dass die Telekom längst nicht mehr der schwerfällige Ex-Monopolist ist, als der sie oft noch dargestellt wird, sondern eine neue Telekom. In unserem Unternehmen arbeiten engagierte Menschen, die unseren Kunden eine Menge cooler Produkte und guten Service bieten. Und das wollen wir zeigen – als Blog-Reporter, die sich bei den Experten im Unternehmen informieren. Übrigens auch, wenn es irgendwo mal hakt.

Ihr seid Angestellte eines Unternehmens, gebt aber eure eigene Meinung weiter und zeigt Einblicke in euer Leben. Wo zieht ihr die Grenzen von Berufs- und Privatleben?

Die Einblicke in unser Leben werden sich auf unser berufliches Leben beschränken. Privates bleibt privat. Will ja, ehrlich gesagt, auch keiner wissen. Und wenn mal eine Anekdote in unsere Beiträge einfließt – zum Beispiel, dass Kollegin Luisa in Paris gerne sauteuere Kekse isst – ist das nichts, was man nicht auch im Fernsehen erzählen könnte.

Ihr sagt, dass Support-Anfragen eher unerwünscht auf dem Blog sind. Was macht ihr, wenn sich dennoch Kunden mit Anliegen melden?

Dann werden wir sie darauf hinweisen, dass es im Unternehmen Menschen gibt, die Kundenservice viel besser können als wir. In diesen Fällen bieten sich natürlich die Kollegen von Telekom-hilft an. Diese Praxis hat sich auf Twitter und Facebook bewährt, die Kunden nehmen das gut an.

Was können wir in Zukunft noch von Blog.Telekom erwarten?

In einem nächsten Schritt wollen wir Blog.Telekom um Fachblogs aus verschiedenen Unternehmensbereichen erweitern. Das könnten beispielsweise Blogs aus den Bereichen Karriere oder Innovation sein. Hier würden dann einzelne Mirtarbeiter aus diesen Bereichen zum Beispiel Einblicke in ihr Arbeitsleben oder ihre Ausbildung geben. Wir haben hier aber noch nichts fertiges unterm Knopf. Das ist also nichts, was in den nächsten paar Wochen passieren würde.

Besten Dank für die Antworten – und viel Erfolg mit eurem neuen Blog!

9 Kommentar

  1. …weil, wie im Text steht, das erst zur Cebit live geht und aktuell vermutlich nur ein kleiner ausgewählter Kreis draufschauen darf

  2. Jetzt ist alles offen, sozusagen. Einige Funktionalitäten scheinen noch nicht gegeben, die Verlinkung auf die Autoren funktioniert noch nicht richtig (bei Klick auf deren Namen). Aber alles erlaubt zu Beginn eines neuen Blogs 😉
    Aber gleich Rene Obermann vors Mikro zu bekommen – Respekt. Ein Schritt in die richtige Richtung.

  3. Neo-Grunge? Unser Designer rennt leise stammelnd über den Flur, seit er das gelesen hat. Nehme an, er kauft sich demnächst ’nen Anzug…
    Stimmt, es ruckelt noch ein wenig am Anfang. Danke für den Hinweis mit den Autorenlinks an Tanja. Haben wir jetzt behoben.
    Und vor allem Dank an Dich, André, für einige wertvolle Hinweise. Wir werden da in nächster Zeit einige Änderungen einarbeiten, die das Blog hoffentlich verbessern und komfortabler machen. Grüße ins, wie es scheint, immer noch saukalte Hamburg.

  4. Sehr schön übersichtlich, das muss ich sagen, ist das neue Blog geworden. Das klare strukturierte Design ist ja fast ein Augenschmeichler geworden in diesen bunten schrillen Zeiten im Netz. Alles in allem scheint man sich alle Mühe zu geben, die – teilweise ja nicht ganz neuen – Erkenntnisse über Do´s und Dont´s zu beherzigen.
    Für Theoretiker fix zusammengefasst z.B. hier:
    http://blog.marketingshop.de/bad-to-good-positiv-und-negativ-beispiele-aus-der-marketing-praxis-%E2%80%93-teil-4-corporate-blogs/
    Und auch das Problem mit den Links, die unter/hinter einem kleinen „hier“ versteckt sind scheint man erkannt – und behoben – zu haben.

  5. Ich finde den Blog auch sehr übersichtlich und denke auch, dass das von der Telekom eine richtige Entscheidung war so etwas zu machen. Mittlerweile greifen doch immer mehr Menschen auf diese Kommunikationsmöglichkeit zurück, so dass man hiermit auch eine Menge Menschen erreicht. Bleibt abzuwarten, ob dieser auch weiterhin gepflegt wird.

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