iPads in Klassenzimmern: „Time to turn the Page“

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There is no reason to assume today that kids need to use the same tools they used in 1950. To do so is to prepare them for a world that’s already passed. – Phil Schiller

Hoffentlich habe ich niemanden vergessen, doch es dürften drei Parteien sein, die nach der heutigen Apple-Ankündigung einen geknickten Eindruck machen: Zum einen Print-on-Demand-Anbieter, zum anderen Unternehmen, die sich auf die Gestaltung von E-Books spezialisiert haben. Und dann all diejenigen der Buchbranche, die dem Innovationsdruck bislang tapfer die Stirn geboten haben.

Holz ist ein wissenschaftlicher Baustoff aus einer verklärten Vergangenheit – um nichts Geringeres als diese Botschaft ging es heute, als Phil Schiller die drei Education-Produkte iBooks2, iBooks Author und die iTunes U-App vorstellte. Steve Jobs war der Bildungssektor nach eigenem Bekunden immer eine Herzensangelegenheit (wer die Biographie gelesen hat, erinnert sich an die bewegenden Worte der letzten Tage) und auch Apple hatte das dritte Standbein – neben „Consumer“ und „Professionals“ – nie richtig aus den Augen verloren. Nicht zuletzt beginnt Kundenbindung heutzutage immer früher: einmal Apple, immer Apple.

Von der Schiefertafel zum College-Block

Die Digitalisierung der Klassenzimmer ist ein radikaler Schritt – doch er ist weder überraschend, noch kommt er zu früh. Es ist eine realinnovative Entwicklung. Noch in den Sechzigern schrieben deutsche Schüler auf Schiefertafeln, in den Siebzigern gab es sie aus Plastik. Ich erwarte auch hier den Widerstand der Eltern – wie seinerzeit, als es plötzlich „Hefte“ und „Kullis“ gab – doch das wird sich schnell legen. Der Computer hat eben noch kein gutes Image bei Erziehern, von denen manche im iPad eine schlanke Verlängerung der heimischen Daddelkiste vermuten.

Mit 70 Millionen verkauften iPads (1,5 Millionen werden dabei im Bildungsbereich eingesetzt) hat Apple die Reichweite – und sowieso die Chuzpe, um nach den Labels, den Verleihern und Zeitungs- und Buchverlagenverlagen sich nun auch die Fachbuchverleger vorzuknöpfen. Frei nach dem Motto: Wer, wenn nicht wir? Einige schlaue US-Häuser haben bereits bereitwillig einer Kooperation zugesagt. Den digitalen Shift selbst zu stemmen, liegt außerhalb jeder Vorstellungskraft. Die Frage ist, wie lange Verlage überhaupt noch gebraucht werden. TechCrunch titelt bereits „Apple guts the Textbook Publishing“ und prophezeit das Ende des Papiergebrauchs in Schulen – und da klingt noch ein wenig mehr mit:

Apple’s product is big on promise and will, in the end, kill the sale of paper textbooks. Of that I’m certain. How long it takes is the million dollar question today, but knowing the speed at which Apple forces the paradigm to shift, I doubt the textbook publishers will survive much longer just selling dead tree product.

Was bleibt für die Verlage?

Die Konditionen für Fachautoren, die über iBooks veröffentlichen, sind ganz nach Apples Gusto: Der Preis darf pro Exemplar 14,99 Dollar nicht überschreiten, der iPad-Bauer darf dabei 30 Prozent Provision einstreichen (für den selbstveröffentlichen Autor ist dies weiterhin eine Hammermarge). Und noch etwas: iBooks-Veröffentlichungen sind bindend exklusiv, jegliche Zweitverwertung ist dabei ausgeschlossen. So komisch es klingt, aber diese Rechnung wird aufgehen…

Was bleibt für die Verlage? Heute besorgen sie das Lektorat, setzen die Inhalte (so war es zumindest früher einmal, heute müssen Autoren ihre Texte oftmals komplett formatiert abgeben) und sorgen dafür, dass die Distribution über den Buchhandel klappt. Manchmal wird noch ein wenig ins Marketing investiert. Manchmal. Angesichts eines komfortablen Buchgenerators, wie Apple ihn heute mit iBooks Author vorgestellt hat, kommt man da schon ins Grübeln. Warum? Warum soll ein Fachautor denn heute noch zu einem Zwischenhändler gehen?

Verlagen bleibt nun nur noch die Flucht nach vorne. Das Tablet-Lesen, das von vielen noch als versponnene Zukunftsmarotte wahrgenommen wird, ist bereits Realität und wird weiter an Gewicht zunehmen. Und wenn die Verlage nicht mitziehen, macht das Geschäft eben Apple. Oder Amazon. Oder Google.

Foto: Flickr – Fotograf: dlp-photo

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