Was übrig bleibt: Das war das Internetjahr 2013

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Beim Blick auf den Kalender merkt man: die Tagesfüllstandsanzeige erreicht in schnellen Schritten ihr oberes Limit für das laufende Jahr. Daher ist es an der Zeit, kurz innezuhalten und über das Vergangene zu reflektieren. Wie werden wir uns an 2013 erinnern? Welche Fortschritte wurden gemacht und welche Rückschritte mussten wir verkraften? Ich habe die Gelegenheit genutzt, um die vergangenen Monate aus der Netzperspektive Revue passieren zu lassen. Und schon geht es los…

16. Januar 2013: MySpace will es noch einmal wissen

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Das Trauerspiel der einstigen Top-Pop-Plattform geht in die nächste Runde als MySpace mit einem Relaunch ins Jahr 2013 startet. Das Design ist slick & clean – alles wirkt sehr aufgeräumt. Leider auch die Reaktion der Nutzer.

24. Januar 2013: FDP-Greis provoziert bundesweiten #Aufschrei

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Rainer Brüderle (FDP) – älter als die Queen und Woody Allen zusammen – sabbert eine „Stern“-Redakteurin voll, während er seniorentoll und mit blumigen Worten ihre Brüste anstarrt. Anne Wizorek initiiert daraufhin die #Aufschrei-Aktion auf Twitter, was zu einer neuen Sexismusdebatte in Deutschland führt. Im Juni erhält #Aufschrei den Online Grimme Award. (Bild: Titanic)

24. Januar 2013: Vine startet durch

Sechs Sekunden und raus! Twitter stellt Vine für iOS vor, mit dessen Hilfe Nutzer unkompliziert Loop-Schnipselclips generieren können. Der ersten Ratlosigkeit in der Community folgen kreative Glanzstücke; schnell versuchen Unternehmen, den Dienst für die Kommunikation mit der Zielgruppe zu nutzen. Im Sommer wird Instagram mit einer ähnlichen Funktion (Instagram Video) nachziehen.

4. Februar 2013: Unflattering Beyoncé

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Buzzfeed veröffentlicht den Artikel „The 33 Fiercest Moments From Beyoncé’s Halftime Show“ und tritt damit eine Meme-Lawine los. Der Manager der Sängerin kippt in bester Streisand-Manier weiter Öl ins Feuer, indem er die Plattform bittet, die „unvorteilhaften“ Bilder aus dem Netz zu entfernen. Hier die vorläufige und ungeschminkte Komplettsammlung.

10. Februar 2013: Harlem Shake – Army Style

Die norwegische Armee gibt einen Einblick in die verblüffend kreative Freizeitgestaltung außerhalb des offiziellen Kriegsgeschehens und katapultiert sich damit in die Top Trending-Charts 2013 bei YouTube. Platz 1 belegt übrigens Ylvis mit „The Fox„. Der Clip wurde bis heute über 280 Millionen mal angeklickt. Alle weiteren Top-Videos aus 2013 gibt es im YouTube-Blog.

16. Februar 2013: Aufstand gegen Amazon

amazon-evil Eine ARD-Doku hatte den Stein ins Rollen gebracht: Der Versandhändler behandle seine Lageristen – vor allem die Saison-Kräfte – wie Packvieh. Amazon wehrt sich gewohnt schwach, was aber auch nicht weiter schlimm ist, da die ARD einen Rückzieher macht: Ja, es habe in der Doku so manche Fehlinformation gegeben.[/one_whole]

22. März 2013: Grumpy Cat wird zum TV-Star

Die Motzkatze hat ihren ersten landesweiten Fernsehauftritt in den USA und erobert mit ihrer miesen Laune die Herzen der Zuschauer im Sturm. Gleichzeitig erklären die Besitzer, ein Medienimperium um… ach, ist doch scheißegal…

12. April 2013: Apple, Google, Deutsche Post und die Bundespolizei werden geehrt

bigbrother Mit großen Lobeshymnen bekommen Apple, Google, die Deutsche Post, die Bundespolizei und die Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer (aufgrund der neuen GEZ-Kontrollbehörde) den Big Brother Award 2013 überreicht. Der Publikumspreis geht in diesem Jahr ebenfalls an die deutsche Bundespolizei: „Ich finde es unmöglich, dass eine Behörde mit dem Slogan ‚Dein Freund und Helfer‘ sich so menschenverachtend verhält. Da zweifelt man die Sicherheitsherstellung durch die Polizei stark an.“

23. April 2013: Die Deutsche Telekom schafft die Flatrate ab

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Der deutsche Telco-Marktführer macht sich für die Entschleunigung der digitalen Gesellschaft stark und kündigt an, künftig ein Zweiklasseninternet etablieren zu wollen. Wer ungebremst im Desktop-Netz surfen möchte, soll ab 2016 für zusätzliches Datenvolumen blechen. Als Dank bekommt sie von den Nutzern den Namen #Drosselkom verliehen.

21. Mai 2013: Xbox One wird vorgestellt

xbox-launch Microsoft stellt die langersehnte Xbox One vor, die später im Jahr in den Handel kommen soll. Gamer zeigen sich von der Feature-Liste begeistert, vermissen aber auch einige Dinge, darunter das Recht auf Privatsphäre, die Möglichkeit, gebrauchte Spiele zu spielen sowie eine Offline-Kompatibilität, denn die Xbox soll nach Vorstellung von Microsoft 24/7 mit dem Internet verbunden sein. Nach einigen Wochen bessert das Unternehmen schulterzuckend nach. Derweil können sich Gamer noch immer nicht zwischen Xbox One und Playstation 4 entscheiden.

2. Juni 2013: Iiiiih, Hochwasser!

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Georgina Fleur strauchelt beim Blick über den Tellerrand und provoziert deutschlandweites Kopfschütteln, als sie sich neben dem Hochwasser in Heidelberg in Pose wirft und dies auf Twitter und Facebook („Hochwasser in Heidelberg…. iiiiih!“) dokumentiert. Als neue Ikone der ignoranten C-Promi-Nulpenliga bekommt sie daraufhin ein eigenes Tumblr-Blog verpasst.

7. Juni 2013: PRISM macht den Auftakt der NSA-Skandalserie

prism-008.jpg?w=500 (460×276)Der „Guardian“ und die „Washington Post“ veröffentlichen das erste Geheimdienstmaterial, das Edward Snowden außer Landes geschafft hatte. Zu diesem Zeitpunkt befindet er sich bereits in Hongkong. Es wird bekannt, dass die NSA global und verdachtsunabhängig Millionen von Internetnutzern überwacht, die unter anderem Dienste und Produkte von Microsoft, Yahoo, Google, Facebook, AOL, Skype oder Apple verwenden. Nettes Nebendetail: Das Logo des NSA-Programms ist geklaut.

9. Juni 2013: Snowden zeigt sich

Der „Guardian“ (aka Glenn Greenwald) zeigt das erste Videointerview mit Snowden. Der Whistleblower fasst seine Motivation in einem beeindruckenden Satz zusammen: „I don’t want to live in a society that does these sort of things.“

10. Juni 2013: Apple stellt Designkatastrophe iOS7 vor

jonathaniveLeider nicht nur flat, sondern gleich schwindelerregend LSD-bunt präsentiert sich das Makeover des mobilen Betriebssystems von Apple. Chef-Designer Jonathan Ive hat an Neontönen und Verläufen nicht gespart. Ebenso großzügig gehen die Nutzer mit dem Spott um. Ein Tumblr-Blog dokumentiert zudem die vielen vorhandenen GUI-Glitches.

19. Juni 2013: Merkel entdeckt „Neuland“

neulandNach Tagen des beharrlichen Schweigens gibt Angela Merkel gewohnt kompetent ihr Statement zum NSA-Skandal im Rahmen der Obama-Pressekonferenz ab: „Das Internet ist für uns alle Neuland.“ Die Facepalmierung auf Twitter und in anderen Netzwerken erreicht daraufhin einen neuen deutschen Rekord. Merkels Worte zeugen von Dummheit, sind aber gleichzeitig ein Armutszeugnis nicht nur verfehlter, sondern völlig ignorierter Netzpolitik.

12. Juli 2013: Würstchenbeinphänomen

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Hot-Dogs oder Beine? Weiß man nicht. Das fragte sich auch Alexis Brault, als er das erste Foto ins Netz schoss. Schnell folgen mehr oder minder haarige Versionen begeisterter Nutzer und das Sommerphänomen hebt ab. Alle bislang gesammelten Bilder lassen sich auf dem dazugehörigen Tumblr-Blog bestaunen.

12. August 2013: Pofalla beendet NSA-Affäre

tumblr_mrgjsfbbIZ1sfu1slo1_500 Per kurzem Pressestatement teilt Kanzleramtsminister Pofalla dem deutschen Volk mit, dass an der NSA-Sache nichts dran sei – und es ja nun auch mal gut sei. Als Dankeschön bekommt er ein eigenes Tumblr-Blog.

4. September 2013: Samsung Galaxy Gear

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Endlich stellt Samsung sein lang erwartetes Dead-on-Arrival-Produkt Galaxy Gear der gespannten Öffentlichkeit vor. Die Ernüchterung lässt nicht lange auf sich warten. Jeder dritte Amerikaner bringt die Uhr nach dem Kauf wieder zum Händler zurück.

 9. September 2013: Miley Cyrus, die Abrissbirne

wreckingballMiley Cyrus zeigt ihren neuen Musikclip „Wreckingball“ auf YouTube, in dem sie unter anderem als knapp bekleidete Baustellennixe auf einer Abrissbirne hin- und herpendelt. Die Weltöffentlichkeit reagiert ebenso fasziniert wie entsetzt, was schnell zu einem neuen Meme-Feuerwerk führt.

10. September 2013: Apple präsentiert das iPhone 5s

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Zum achten Mal hintereinander stellt Apple weder eine Smartwatch noch einen Fernseher vor. Stattdessen bekommt das iPhone 5 ein Update. Neben den Farben „Spacegrau“ und „Silber“ gibt es auch die goldene Bling-Version, die sich großer Beliebtheit erfreut. Der Fingerabdrucksensor bringt Datenschützer auf die Palme, das kleinere Schwesterprodukt iPhone 5c glänzt in Haushalten weltweit als Plastiktürstopper.

1. Oktober 2013: Facebook lässt „Graph Search“ von der Leine

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Die bereits im Sommer für viele US-Accounts freigeschaltete Graph Search erreicht (zumindest teilweise) deutschen Boden und wird gleichzeitig ausgeweitet: Die aufgemotzte Netzwerksuche Suche berücksichtigt nun nicht nur Personen, Fotos, Orte und Interessen, sondern auch komplette Status-Updates, Kommentare, Notizen, Bildunterschriften und Check-ins. Bei etablierten Medien und Bloggern kommt es daraufhin zu einer „Privacy auf Facebook“-Ratgeberschwemme.

1. Oktober 2013: Vevo startet in Deutschland

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So manches Stoßgebet frustrierter YouTube-Nutzer wurde endlich erhört: mit 75.000 Musikclips gibt Vevo sein Deutschlanddebüt. Anders als bei Google kam es mit der GEMA wohl schnell zu einer Einigung, so dass viele der bislang aushelfenden Proxy-Redirecter nun reif für die Tonne sind.

23. Oktober 2013: Kanzlerhandy im NSA-Visier

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Angela Merkel erwacht für kurze Zeit aus dem Ruhemodus, als ihr mitgeteilt wird, dass die USA wohl schon längere Zeit ihre Handy-Telefonate überwachen und mitschneiden. Die Kanzlerin greift daraufhin zum Hörer und ruft Barack Obama an, der ihr scherzend versichert, dass alles okay sei und man aller Voraussicht nach künftig ihre Gespräche nicht länger mitschneiden werde. Sichtlich erleichtert fällt Merkel daraufhin wieder in politische Hibernation.

22. November 2013: „Selfie“ wird Wort des Jahres – oder auch nicht

selfieDas Oxford Dictionary zeigt sich vom grassierenden User-Narzissmus auf Instagram und Co. beeindruckt und kürt „Selfie“ zum Wort des Jahres. Etwa eine Woche später betritt dann Merriam-Webster mit einem Gegenvorschlag die Bühne und proklamiert, dass das wirkliche Wort des Jahres „Science“ sei.

2. Dezember 2013: Deutsche Telekom will – zunächst – doch nicht drosseln

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Nach dem ganzen Ärger mit dem Imageverlust, den wütenden Verbraucherschützern und dem Gerichtsverfahren ist die Deutsche Telekom ganz alleine auf die Idee gekommen, die umstrittenen Drosselkom-Klauseln aus allen Flatrate-Tarifen zu streichen. Bei der zähneknirschenden Planverkündung durch Deutschlandchef Niek Jan van Damme wird nebenbei eingeräumt, dass es sich bei der Mechanik der Volumenbegrenzung doch um eine „Drossel“ handeln sollte – ein Begriff, den man bei der Telekom bislang nur empört zu Kenntnis nahm.

9. Dezember 2013: Pornoabmahnungen für Redtuber

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Zehntausende deutsche Pornokonsumenten lassen vor Schreck die rechte Hand sinken, als reihenweise Abmahnungen in die Haushalte flattern. Die Regensburger Rechtsanwaltskanzlei U + C kassiert im Namen ihres Klienten The Archive AG für die angeblich unrechtmäßige Betrachtung des hitverdächtigen Films “Amanda’s Secret” auf Redtube. Zuvor hatte das Kölner Landgericht grünes Licht für die Ermittlung der Klarnamen und Adressen erteilt und zwar mit der begriffsstutzigen Begründung, dass es sich bei der Sexstreamingplattform um eine Tauschbörse handele. Wie die IP-Adressen der betroffenen Nutzer überhaupt ermittelt wurden, interessierte die Richter dabei nicht.