Facebook-Commerce: Deshalb floppt der Netzwerk-Shop noch

Bitte scrollen

Bloomberg lanciert derzeit ein hübsches Stück, das einen Abgesang auf den Facebook-Commerce beinhaltet. Wer die Zeilen liest, fühlt sich schnell an den qualvollen Tod so vieler Stores erinnert, die einstmals in Second Life eröffnet wurden: Gamestop, JC Penney, Nordstrom und Gap haben ihre Läden auf Facebook geschlossen, der Abverkauf im Netzwerk sei ein Flop. Die daraus gewonnene Lehre für (beispielsweise) Gamestop: „For us, it’s been a way we communicate with customers on deals, not a place to sell.“

Das Fazit ist schade – aber nachvollziehbar – und heizt auch die nie endende Debatte über den Social ROI wieder an. Wenn eine Unternehmensseite fünf Millionen Fans hat, wie kann es sein, dass mit dem Page-Shop nur im Promillebereich Umsätze generiert werden können? Die ausbleibende Antwort auf diese Frage wird durch die Hoffnung ersetzt, dass eben an anderer Stelle die Käufe getätigt werden. Ist Social Commerce damit eine Idee für die Tonne? Nein. Bislang wurde er aber noch nie konsequent angegangen. Im November 2011 veröffentlichte die Hochschule der Medien Stuttgart (HdM) eine aufschlussreiche Studie (siehe unten) zu dem Thema. Demnach haben lediglich sechs Prozent der Mitglieder jemals ein gelungenes, direktes Verkaufsangebot bei Facebook gesehen. Rund die Hälfte erwartet keinen Shop auf Facebook und hat auch noch nie daran gedacht, dass das Netzwerk überhaupt dafür geeignet wäre.

Während Anbieter hin- und herüberlegen, wie und ob es weitergeht, setzt sich eine unumkehrbare Entwicklung fort. Der Social Stream rückt bei den Nutzern immer weiter in den Vordergrund. Nicht Pages und Profilseiten, sondern die von ihnen ausgehenden Informationen spielen die tragende Rolle in der Kommunikation – und damit auch im Vertrieb. Das durchschnittliche Facebook-Mitglied folgt nach Unternehmensangaben 80 bis 90 Seiten, Gruppen oder Veranstaltung. Hinzu kommen die Nachrichten der durchschnittlich 130 befreundeten Nutzer. Die Zahl der eigentlichen Page-Aufrufe dezimiert sich, oft steuern Facebook-Mitglieder Seiten nur noch dann an, wenn sie ihnen beitreten („Gefällt mir“) oder sie aus ihrem Stream entfernen („Gefällt mir nicht mehr“). Damit müssen sie immer wieder aus dem News-Feed in die Facebook-Shops geleitet werden.

Die neue Generation der Social Apps, die das Frictionless Sharing erlauben, werden Unternehmen in diesem Bereich neue Ansätze bieten und man kann fest davon ausgehen, hier in Kürze Shop-Realisierungen einiger Anbieter zu sehen.

dmc digital media center: Social Shopping

Davon abgesehen habe ich im Folgenden noch einige Punkte zusammengefasst, die mir zum aktuellen Facebook-Commerce aufgefallen sind:

Nicht so gut ist: Viele Stores auf Facebook sind reine Shop-Spiegelungen der klassischen WWW-Stores. Kunden im Netzwerk ticken aber anders: Es fehlen die soziale Komponente sowie maßgeschneiderte Angebote für ein Netzwerkumfeld.

Gut ist: Man sollte niedrigschwellige Angebote schaffen, die Nutzer schon mit wenigen Klicks in Anspruch nehmen können. Shops mit wenigen Hürden dort zu etablieren, wo sich die Kunden bereits aufhalten, ist also ein guter Gedanke.

Nicht so gut ist: Oft mangelt es noch an dem, was Kunden im dynamischen Umfeld suchen: Möglichkeiten der Customization. Wer Nutzern die Optionen bietet, Produkte nach ihren Wünschen anzupassen, profitiert nicht nur vom Imagegewinn, sondern auch von den Einblicken in die Marktbedürfnisse.

Gut ist: Einige Anbieter treffen bereits eine intelligente Vorauswahl im Produktportfolio: nicht alles wird auf Facebook angeboten. Das ist zum einen der Übersichtlichkeit und damit zum anderen der Kundenaufmerksamkeit zuträglich.

Nicht so gut ist: Die Bezahlmöglichkeiten lassen bis heute zu Wünschen übrig, zudem stellen viele Kunden die Sicherheit der Payment-Angebote in Frage. Das Kaufumfeld ist neu und Nutzern wird es an dieser Stelle nicht leicht gemacht, Vertrauen zu gewinnen. Laut oben genannter Studie möchten heute weniger als zehn Prozent den kompletten Kaufprozess über Facebook abwickeln.

Gut ist: WWW-Stores erhalten mehr und mehr soziale Funktionen. Kunden erhalten dabei beim klassischen Online-Shopping neue Orientierung: Rezensionen, Erfahrungsberichte und Empfehlungen werden die Artikelseiten auf.

Nicht so gut ist: Man sollte nicht alles auf die Facebook-Karte setzen. Das Netzwerk bleibt ein Dritter in der Rechnung und hat freie Hand, was die Änderungen von Konditionen angeht (etwa 30 Prozent Provision kassieren). Die Unsicherheit bleibt und sollte Anbieter dazu veranlassen, klassische Shop-Angebote nicht zu vernachlässigen.

9 Kommentar

  1. Die Problematik besteht darin, dass kein Mensch mit dem Ziel Facebook besucht, dort etwas in einem integrierten Shop zu kaufen. Es geht den Nutzern auf Facebook um Interaktion, Kommunikation, Teilung von Inhalten, Vernetzung…

    Das Phänomenen ist durchaus bekannt, denn es war auch schon so bei den virtuellen Gemeinschaften – als man vor der Dot-Com-Blase versuchte, diese zu monetarisieren. (Womöglich haben die meisten Online/Social Media Berater & Entscheider von heute diese Zeit nicht miterlebt).

    – Ist zuerst die Community da, klappt es vermutlich mit dem Shop nicht. (siehe Versuche im Facebook-Commerce)
    – Ist zuerst ein erfolgreicher Shop da, kann es mit einer Community trotzdem klappen. (siehe Amazon)

    LG,
    Alexander

  2. Pingback: Take me to auction » Links der Woche: Pinterest – Einführung für Unternehmen, Deutsche Unternehmen auf Pinterest: 20 Beispiele

Kommentare sind geschlossen.