Google Instant und der Zensurvorwurf

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Erst gestern wurde die neue Echtzeitsuche gelauncht (übrigens für Nutzer mit Google-Konto auch in Deutschland) – und schon regt sich erster Unmut unter den Nutzern. Tatsächlich bietet die eigentliche Neuerung kaum Fläche für empörte Angriffe. Diese zielen vielmehr in die Richtung der Aufbereitung der Auto-Suggestions: Google zensiere schlichtweg Eingaben, so der Vorwurf.

Schon in der Vergangenheit hatte die Suchmaschine große Probleme damit, die Waage zwischen Legitimität, Vorschrift und Unmoral bei den Inhalten zu halten. Vor wenigen Monaten wurde eine Statistik veröffentlicht, in der angezeigt wird, wie oft von staatlicher Seite in den Datenbestand eingegriffen wird. Selbst auferlegte Filtermechanismen wurden eingeführt, um Kinderaugen vor Netz-Schmutz zu schützen. So gibt es seit Februar bei YouTube einen „Sicheren Modus„, den Eltern aktivieren können, um einmal eine Pause in der Daueraufsicht einlegen zu können. Einen SafeSearch-Filter gibt es ebenso im Google-Suchindex. Hier können User auswählen, ob sie bei ihren Recherchen eine strikte, moderate oder gar keine Filterung nutzen möchten.

SafeSearch ist auch bei Google Instant aktiv – auf die Autosuggest-Funktion hat der Filter allerdings keinen Einfluss: Hier ist er obligatorisch und für den Nutzer irreversibel voreingestellt. Das hat zur Folge, dass wir dem ideologischen Wertesystem der Suchmaschine auf den Zahn fühlen können. „Geschlechtskrankheiten“ ist gemäß Google Instant ein akzeptabler Suchbegriff – „Geschlechtsverkehr“ aber steht auf der schwarzen Liste. „Juden“ sind ebenso gesperrt, dafür klappt das „Christentum“ einwandfrei. Wer nach „schwul“ sucht, wird mit Infos bedient. Gibt das interessierte Mädchen hingegen „lesbisch“ ein, bleibt die Seite weiß.



Das bedeutet allerdings nicht, dass die betreffenden Ergebnisseiten komplett aus dem Index entfernt wurden. Es wird schlichtweg keine Voransicht der Links geboten. Stattdessen begrüßt den Nutzer ein freundliches: „Zum Start der Suche Eingabetaste drücken“. Wer die Enter-Taste und den Such-Button drückt, kommt wie gewohnt an die Informationen.
Google verteidigt diese Filterung offen und transparent. Auf der Infoseite zur Instant-Suche heißt es dazu in den Q&A:

Wir bieten Ihnen wie immer die Möglichkeit, die Inhalte der Suchergebnisse zu filtern. Sie können mittels der Funktion „SafeSearch“ sexuell eindeutigen Inhalt filtern. Eltern/Erziehungsberechtigte können den strikten Modus wählen und diese SafeSearch-Einstellung außerdem für Änderungen sperren, sodass Kinder den Filter nicht umstellen können. Außerdem werden für die automatische Vervollständigung bestimmte Begriffe, die sich auf Pornografie, Gewalt oder Hassrede beziehen, nicht verwendet.

Die Absicht ist alles andere als verwerflich – im Gegenteil. Man muss es Google hoch anrechnen, dass der Versuch unternommen wird, das Netz so aufzubereiten, dass es für alle Altersgruppen zugänglich ist. Ein ausgewogener Kompromiss, der niemanden enttäuscht außen vorlässt. Was man Google allerdings wieder einmal vorhalten kann, ist die völlig widerspruchsvoll zusammen gewürftelte Verbotsliste der Keywords.

Oft macht es den Eindruck, dass die Suchmaschine ihre Vorgaben aus den Vereinigten Staaten diktiert bekommt und auch in Deutschland ohne weitere Justierungen 1:1 umsetzt – kulturelle Differenzen komplett außer Acht lassend. Anders ist es nicht zu erklären, dass die „Liebesschaukel“ draußen bleiben muss, doch „Adolf Hitler“ in voller Größe (inklusive Bilder- und Video-Links und dem Vorschlag, Zitate anzuzeigen) schon bei der Eingabe seines Namens auf dem Bildschirm erscheint. „Amok“, „Mord“, Totschlag“ – Google Instant gibt sich bei beinahe allen Gewalt-Begriffen äußerst tolerant. Dafür wird in den Sphären der Religion und Sexualität umso heftiger zugeschlagen.

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