Erst vor wenigen Tagen hatte Gartner sich wieder einmal in langjähriger Prophetie versucht. Nach jüngsten Studien würden nur zwei Smartphone-Betriebssysteme den Weg an die Spitze schaffen: Android und Symbian von Nokia. Im Jahr 2014 würde Android den BlackBerry überholen, den ersten Platz werde aber weiterhin von den Finnen belegt. Windows Phone 7 sei einfach zu spät dran, die Konsolidierung des Marktes würde schon bald Microsofts Versuche, im mobilen Sektor Fuß zu fassen, zunichtemachen. ZDNet hat sich später in einer amüsanten Analyse der Vorhersage hinreißen lassen und kommt nach einigem Kopfschütteln zu dem kichernden Schluss:
Was soll man also von Gartners Prognose für 2014 halten? Am besten gar nichts. […] Wem die einseitige Pressemitteilung auf der Gartner-Website nicht detailliert genug ist, hat die Möglichkeit, die vollständige Analyse zum Preis von 9995 Dollar zu kaufen. Sie besteht aus drei Seiten. Zum gleichen Preis gibt es auch die inzwischen von Gartner selbst widerlegte Studie aus dem Vorjahr.
Doch wie sieht der Markt eigentlich heute aus? Neben Gartner beschäftigt sich gerade auch ComScore mit den Entwicklungen im Smartphone-Sektor – und hier speziell mit dem europäischen Kontinent. Die neuen Zahlen überraschen. Laut den Marktforschern ist tatsächlich Nokia noch immer die unangefochtene Nummer eins: und zwar auch im Smartphone- und nicht nur im Featurephone-Markt.
Rund die Hälfte aller Einwohner Englands, Frankreichs, Deutschlands, Italien und Spaniens trägt ein Nokia mit sich herum. Doch gerade in Deutschland, dem Nachbarländer eine gewisse Technikaffinität nachsagen, ist das Verhältnis auffällig unausgeglichen. Nokia kommt hierzulande auf einen Marktanteil von satten 51,6 Prozent – in England und Frankreich sind es lediglich 37,3 beziehungsweise 35,4 Prozent. Erst danach kommt bei den Deutschen Apples iOS (22,2 Prozent), gefolgt von Windows Mobile (16 Prozent). Android bringt es lediglich auf den vierten Platz (5,7 Prozent).
Damit das Google-Betriebssystem auch in Deutschland siegreich sein kann, muss es sich also zunächst an einer Reihe etablierter Wettbewerber vorbeischieben. In anderen EU-Ländern sieht es nicht anders aus: Einen zweitstelligen Marktanteil von Android (11,8 Prozent) finden wir hier lediglich in Frankreich.
Und die Italiener können – wie es scheint – sich gar nicht von Nokia lösen. Android-Benutzer sind mit gerade 1,8 Prozent (!) wohl Exoten auf jeder Party.
Die Zahlen zeigen, dass viele Bewertungen, die in Bezug auf Marktanteile und die Chancen von Android gemacht werden, häufig aus US-Perspektive geschehen. In den Vereinigten Staaten wurde Nokia bereits von allen anderen Marktteilnehmern irreversibel überrannt:
Bild: Flickr, Fotograf: williamhook
6 Kommentar
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Nokia ist zwar der führerende Anbieter auf dem Markt, aber ich hätte nicht gedacht, dass Nokia sogar bei den Smartphones gut bei den Leuten ankommt. Bisher war doch immer die Rede davon, dass Nokia mit seinen Smartphones einfach ein Stück noch hinter den anderen Anbietern liegt und hier das Ganze noch nicht in dem Maße angeboten wird, wie es vielleicht sollte. Das Ergebnis überrascht mich daher.
Das Erstaunlich ist für mich, dass diese auch in der deutschen Blogosphäre diese US-Perspektive vorzuherrschen scheint. Und gefühlte (!) 80 Prozent derjenigen, die hierzulande über Smartphones schreiben, besitzen ein iPhone. Repräsentativ für die Handykäufer sind sie aber überhaupt nicht.
Wie groß die technische Überlegenheit anderer Hersteller bzw. der verwendeten Betriebssysteme tatsächlich ist, sei mal dahingestellt. Das mit Abstand viel größere Problem von Nokia ist das Image. Nokia muss alles daran setzen, wieder cool zu werden.
Natürlich spielen Betriebssystem und Hardware dabei eine Rolle, doch für die meisten Käufer – nicht nur von Mobiltelefonen an sich, sondern auch von Smartphones – spielen die vorhandenen Vorteile der Konkurrenz gar keine Rolle.
Es gibt eine Reihe sehr interessanter Android Smartphones, aber mal ehrlich: Ein Smartphone ohne richtige Outlook-Unterstützung…?! Und eine Volltastatur, die keine deutschen Umlaute enthält, würde ich nicht vollständig nennen. Aber wie vielen Smartphone-Käufern sind diese Aspekte überhaupt bewusst?
Naja gut, international ist RIM (Blackberry) beliebter.