Tja, wer hätte das gedacht? Da bekommt Twitter den Vorzug vor Facebook – auf der anderen Seite: Wenn zwei Männer mit megalomanischen Egos aufeinanderprallen, dauert es eben etwas länger. Daran ändert offenbar auch das gemeinsame Abendessen von Steve Jobs und Mark Zuckerberg nichts. Nun hat es also Twitter vor Facebook geschafft… Ich habe schon zuvor geschrieben, dass der hermetisch abgeschlossene Client-Raum für Ping früher der später den Tod bedeuten würde. Social Networks sind per natura dezentral aufgestellt. Wer die Meinung vertritt, dass Communities in kommerziellen Apparaten wie iTunes funktionieren, ist entweder komplett verrückt oder Steve Jobs. Nun also erleben wir eine zaghafte Öffnung nach außen – sehr schön. Doch was haben eigentlich die beiden Parteien, Apple und Twitter, davon?
Beginnen wir bei Apple: Mit Twitter als Partner kann Ping den Client-Muff ein wenig abschütteln. User haben ab sofort die Möglichkeit, ihre Lieblingssongs nicht nur per manueller Textbotschaft, sondern auch als interaktive Preview mit ihren Followern zu teilen. Derzeit gibt erlaubt iTunes 30-sekündige Clipausschnitte, Apple arbeitet jedoch daran, die Dauer der Previews auf 90 Sekunden anzuheben. Damit kann Ping die bislang doch recht bescheidene Reichweite zumindest potentiell ordentlich erhöhen. Leute, die zuvor nicht einmal wussten, was hinter den merkwürdigen Begriffen „MP3-Kauf“ oder „iTunes“ steht, werden nun an das Thema sachte herangeführt. Mehr Mitglieder für Ping, einen Zuwachs an Song-Verkäufen – das ist es, was Apple durch den Deal gewinnt. Bleibt die Frage: Warum ist man eigentlich überhaupt den Umweg über Ping gegangen? Eine einfache Integration in der iTunes-Library hätte es ebenso getan.
Und was springt für Twitter dabei heraus? Nunja, ich glaube, man kann bereits von einem kleinen „Jackpot“ sprechen. Wohlgemerkt: für das Unternehmen – nicht die Nutzer.
Erstens: Die iTunes-Previews sind direkt im neuen Interface integriert (was tatsächlich funktioniert, zumindest in den Ländern, in denen iTunes generell verfügbar ist). Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass „Twitter 2.0“ den Argwohn einiger Nutzer geweckt hat; ich persönlich bleibe trotz der Verfügbarkeit aufgrund der Usability lieber beim alten Twitter. Künftig werden das einige Leute anders sehen. Das neue Layout des Dienstes (inklusive seiner Vorzügen bei der Vermarktung) dürfte also mehr Anhänger finden.
Zweitens: Wie verdient denn Twitter sein Geld? Mit Werbung, richtig. Es gab und gibt Experimente, Ads sowohl direkt im Webinterface als auch zwischen die Tweets zu streuen. Das Unternehmen hat heute das Problem, dass es früher so spendabel bei der Freigabe der API war, was dazu geführt hat, dass es eine große Zahl an externen Clients gibt, die praktisch Content rauben, ohne, dass Twitter ihn vermarkten könnte. Gut für uns – schlecht für die Werbung. Mit der Integration von iTunes könnte die Hoffnung verbunden sein, User länger auf der eigenen Plattform zu halten. Zumindest solange die Clients nicht in der Lage sind, die Sound-Schnipsel ebenfalls abzuspielen.
Drittens: Twitter wird bei der Hochzeit mit Ping auf eine mächtige Mitgift gepocht haben. Entweder hat Apple einen nicht weiter bezifferten Pauschalbetrag gezahlt oder aber sich auf einen Deal mit Monatszahlungen eingelassen. Alternativ könnte es zu einem Performance-orientierten Abschluss gekommen sein, bei dem Twitter bei jedem getätigten Kauf über iTunes eine Provision einstreichen kann.
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