Mimimi-Alarm auf Facebook! Unternehmen verlassen in Scharen die Plattform – der Protest ist groß: das Netzwerk hat sich herausgenommen, die Sichtbarkeit für Brand-Seiten und alle anderen Content-Produzenten radikal zu schmälern. Laut Valleywag kommen nur noch ein bis zwei Prozent der Postings in den Newsstreams der Nutzer an. Empörung allerorten – wenn auch in erster Linie nur im Lager der kommerziellen Seitenbetreiber.
Facebook konsolidiert den Relevanzbegriff, nie zuvor waren so viele Mitglieder mit so vielen Pages verbunden. Es war klar, dass der Zeitpunkt einmal kommen würde, dass das Grundrauschen so stark anschwellen würde, dass die einzelne Stimme kaum noch Gehör findet. Filter Bubbles sind keine Erfindung des Teufels, sondern ein Rezept gegen die Reizüberflutung des menschlichen Gehirns. Es kommt nur darauf an, wie groß und durchlässig die Blase ist – und wer letzten Endes ihre Inhalte bestimmt. Wir können eben nicht zur gleichen Zeit überall sein.
Was ist Relevanz?
Ich will an dieser Stelle ausnahmsweise mal nicht über die enttäuschten Unternehmen sprechen, die sich nun mit der Situation konfrontiert sehen, die bislang laschen Posings in relevante Postings zu verwandeln. Stattdessen möchte ich den Fokus auf die andere Seite lenken: die der Nutzer.
Die Frage ist, was ist Relevanz? Die alltäglich Antwort lautet: Relevanz ist das, was mich interessiert. Facebook weiß in dieser Hinsicht schon ziemlich viel über seine Mitglieder. Aber nicht alles. Dazu kommt, dass persönliche Interessen dem Wandel der Zeit unterliegen: Erst will man Lokführer, dann Zauberer und am Ende Allraketen-bauender Gehirnchirurg am Nürburgring sein. Alles ändert sich und damit auch das, mit dem wir uns tagtäglich beschäftigen.
Auf Facebook wird die Interessenlage durch unser jeweiliges Verhalten nachgezeichnet und regelmäßig justiert. Es sind Annäherungen, alle übrigen Werte der Vorliebe werden interpoliert. Aber genau da sind wir schon mitten im Problem: Wie verhalten wir uns eigentlich auf Facebook?
Na?
Vier Tipps für bessere Postings – aus Nutzersicht
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Interaktion auf der Plattform, wir können „liken“, teilen und kommentieren. Wir können Links folgen, Bilder öffnen, Nachrichten schreiben. Diese Instrumente zeigen Facebook an, dass wir an bestimmten Inhalten interessiert sind. Wenn das entsprechende Verhalten ausbleibt, wird der Umkehrschluss gezogen und der betreffende Content verschwindet nach und nach aus dem Newsstream – völlig egal, ob man die Seite einmal mit „Gefällt mir!“ markiert hat oder nicht.
Das klingt einleuchtend, bringt aber auch das Problem mit sich, dass der stille Zaungast, der etwa einer Elektronikmarktkette in der Hoffnung auf Schnäppchenangebote folgt, diese nicht länger zu Gesicht bekommt. „Muss ich denn jetzt echt alles liken, um derlei Angebote wieder nach oben zu spülen?!“, mag man sich da fragen. Nein, aber es ist eine Möglichkeit. Genau genommen, gibt es vier Wege, um bestimmte aussterbende Inhalte im Newsstream zu erhalten:
1. Interaktion
Wie oben beschrieben: Ein „Like“ hier, ein Kommentar da oder auch mal einen Link geklickt – dies sind alles Signale, die Facebook mitteilen: „Das hier interessiert mich, bitte auch künftig im Relevanzfilter berücksichtigen!“ Nun liegt der Fall aber so, dass ein Großteil der Nutzer so genannte „Lurker“ sind; stille Zaungäste, die einfach nur beobachten und schlichtweg (und verständlicherweise) nicht bei jedem Post in hektisches Feedback-Gebaren ausbrechen wollen. Das muss auch nicht sein. Wer sich aufrichtig selbst fragt, wird schnell feststellen, dass die Anzahl der wirklich interessanten Inhalte überschaubar ist. Wie auch immer: Nutzer sollten wissen, dass komplette Teilnahmslosigkeit sich nicht zum Vorteil bei der Ermittlung ihrer Vorlieben entwickeln wird.
2. Abonnieren
Die Abonnieren-Funktion bei Facebook gleicht einer Art sozialem RSS-Feed und stellt eine weitere Möglichkeit dar, interessante Neuigkeiten auch künftig im Blick zu behalten. Alle Seiten und einige Personen bieten neben der „Like“-Connection die Möglichkeit an, ihnen – genauer gesagt: ihren Inhalten – zu folgen. Für Facebook ist das einleuchtenderweise ein ziemlich starkes Signal, den Content-Produzenten bei der Komposition des Newsstreams zu berücksichtigen.
3. Zur Interessenliste hinzufügen
Der persönliche Newsstream ist ein Brei aus Neuigkeiten, ein ständig aktualisiertes Sammelbecken von Seiten- und Freundes-Postings. Wer Interessenlisten anlegt, behält die Übersicht und kann den Strom der Nachrichten nach eigenem Belieben in Ressorts sortieren. Hier geht nichts verloren und die Chronologie der Postings ist der einzige, ausschlaggebende Ranking-Faktor. Weiterer Vorteil: Einmal angelegte Listen lassen sich auch mit anderen teilen.
4. „Gefällt mir nicht mehr“
Wer sich an seine Facebook-Anfangszeit zurückerinnert, wird sich nach der Klarheit des Angebots zurücksehnen. Je weniger Seiten wir folgen, desto deutlicher tritt die Stimme der einzelnen hervor. Facebook hat in der Vergangenheit viel Werbung dafür gemacht, möglichst viele Seiten zu liken – und viele haben fleißig mitgemacht. Ein weiterer Weg, die persönliche, tatsächliche Relevanz des Angebots wiederherzustellen, wäre es also, dem dumpfen Schrott auszusortieren. Dazu geht man in den Infobereich des eigenen Profils und klickt auf „ändern“. Unter „Gefällt mir“-Angaben tauchen alle bislang mit „Gefällt mir!“ markierten Seiten auf und lassen sich dort auch per Klick direkt entfernen.
Man sieht, beide Seiten müssen sich anstrengen: Die Seitenbetreiber ebenso, wie die Nutzer. Wir können ja alle mittlerweile mit Messer und Gabel essen und müssen nicht pauschal per Strohhalm ernährt werden. Los, geht’s…